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Rechtsprechung zum Pferdekaufvertrag

Pferd: Eingeritten, Angeritten, Ungeritten

Das Landgericht Darmstadt hat mit Urteil vom 07.05.2019 über einen Pferdekauf entschieden, der eine besondere Zusatzvereinbarung hatte.
Dem lag folgender Fall zugrunde: Im Juli 2017 schlossen die Klägerin als Käuferin und die Beklagte als Verkäuferin einen Kaufvertrag über den Erwerb des Pferdes. Vereinbart war ebenfalls, das bis dahin nicht eingerittene Tier einzureiten und es ab dem 31.08.2017 zu übergeben. Beim ersten Versuch der Abholung wurde die Tochter der Klägerin zweimal vom Pferd geworfen. Eine weitere erfahrene Reiterin wurde am 06.09.2017 ebenfalls abgeworfen und musste ins Krankenhaus. Die Klage begehrt das Kaufgeld, die Nebenkosten und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zurück, weil das Pferd auch am 15.09.2017 nicht reitbar gewesen sei, sodass man vom Kaufvertrag zurückgetreten sei. Bereits der Duden liefere eine Erläuterung für "eingeritten". Eingeritten sei auch vielmehr als bloß "angeritten" und man müsse beachten, dass dies jeweils immer in Bezug auf die Reiterin geschuldet sei, hier eine ungeübte Reiterin.
Das Gericht gab der Klägerin vollumfänglich recht: Allen Beteiligten war klar, dass die Tochter der Klägerin eine ungeübte Reiterin war und darauf angewiesen war, das Pferd eingeritten (für eine Anfängerin) zu übernehmen. Nichts anderes ergibt sich auch aus § 4 des Kaufvertrages. Im Übrigen ist auch völlig klar, dass diese Leistung mit dem Kaufpreis geschuldet war, ansonsten erschlösse sich nicht, weshalb hierbei der Passus aufgenommen wurde, dass weitere Kosten hierfür nicht anfallen würden. Damit steht fest, dass hier ein Kaufvertrag mit einer werkvertraglichen Nebenabrede geschlossen wurde. Offensichtlich ist das Pferd eben nicht von der Tochter der Klägerin zu reiten und hat selbst eine frühere Berufsreiterin abgeworfen und dabei nicht unerheblich verletzt. Es spielt auch keine Rolle, dass eine Zeugin gemutmaßt hat, das Pferd könnte wegen erheblicher Angst vor der Peitsche gebockt haben. Die Anhörung der Zeugin und auch der Tochter der Klägerin hat nämlich ergeben, dass insoweit überhaupt nicht mit der Gerte oder der Peitsche gearbeitet wurde. Die Auffassung der Zeugin L, es habe keine Abrede gegeben, wie lange es denn dauern sollte, bis das Pferd für die Tochter bereitbar gewesen wäre, vermochte das Gericht nicht nachzuvollziehen, nachdem im Vertrag hierfür ein genaues Datum angegeben wurde. Es spielt auch keine Rolle, ob die Zeugin L der Meinung war, das Pferd wäre sehr günstig abgegeben worden oder ob die Zeugin L auf dem Pony reiten konnte. Vereinbart war, dass das Tier jedenfalls für die Tochter der Klägerin eingeritten übergeben werden würde. Das war definitiv nicht der Fall. Der Unfall der Zeugin Be ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben. Es blieb ebenfalls unstreitig, dass die Tochter der Klägerin abgeworfen wurde, dies auch im Beisein der Beklagten. Die Befürchtungen der Zeugin L die hier konfabuliert, was mit dem Pferd passiert sein könnte, sind durch nichts getragen. Die Zeugin hat auf mehrfache Nachfrage nämlich mitgeteilt, sie mutmaße hier alles nur. Gesehen habe sie allerdings eine Gerten- oder Peitschenbenutzung bei der Klägerin oder ihrer Tochter nie. Im Übrigen hat sich in der ganzen Zeit, in der die Familie im Urlaub war, nur die Beklagte um das Tier gekümmert und es gab nur wenige Besuche im Nachhinein durch die Klägerin und ihrer Tochter. Die Zeugin L hat mitgeteilt, dass "eingeritten hier so gemeint gewesen wäre, dass damit angedacht war, dass die Tochter der Klägerin darauf reiten konnte". Es ergibt sich, dass das Pferd sich jedenfalls nicht so verhalten hat, dass der Tochter der Klägerin zuzumuten wäre, nochmals auf dieses Pferd zu steigen, jedenfalls nicht als noch nicht hinreichend geübte Reiterin. Nachdem die Tochter der Klägerin das Missgeschick mit der früheren Berufsreiterin Be gesehen hat, ist dies schon unzumutbar. Darüber hinaus hat die Beklagte bis dato und bis zum Termin in der mündlichen Verhandlung noch immer nicht mitgeteilt, dass das Pferd jetzt tatsächlich vollausgebildet gewesen wäre und angeboten, das Pferd in ausgebildetem Zustand zu übergeben. Damit steht fest, dass das, was die Beklagte schuldete, nämlich das Pferd bis zum 31.08. des fraglichen Jahres auszubilden, von ihr nicht geleistet wurde.
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© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2017