Sie sind hier: Aktuelles

Was tun gegen Drückerbanden?

Es ist in der Regel eine äußerst unerfreuliche Erfahrung, von einer Drückerkolonne heimgesucht zu werden.
Diese Banden verleiten ihre Opfer dazu, die Tür zu öffnen, in dem sie vorgeben, für wohltätige Zwecke zu sammeln, oder harmlose Umfragen durchführen zu wollen. Darauf baut meistens die Erklärung des Drückers auf, er sei bedürftig und müsse daher Abonnements verkaufen, mit deren Erlös er Therapien, medizinische Behandlungen oder ähnliches bezahlen könne. Zieht dies nicht werden die Drücker meist recht ruppig. Von verbalen nachdrücklichen Aufforderungen, Drohungen, dem klassischen Fuß in der Tür und körperlichem Eindringen in die Wohnung reichen die Methoden.
Erst wenn ein Vertrag unterschrieben ist, hat der Anwohner vorerst wieder seine Ruhe – bis die Rechnung kommt.
Die Polizei rät in solchen Fällen völlig zu Recht, dass man sich die Reisegewerbekarte mit Lichtbild und zusätzlich den Personalausweis des Drückers zeigen lassen soll. Auch kann man die Polizei über das Verhalten des Drückers informieren und wegen Nötigung, Hausfriedensbruch oder ähnlichem Anzeige erstatten.

Was passiert aber mit dem Vertrag?

Unter anderem bei den hier vorliegenden so genannten Haustürgeschäften steht dem Verbraucher das Recht zu, seine auf Abschluss des Vertrages gerichtete Erklärung zu widerrufen. Die Frist zum Widerruf beträgt zwei Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine ausreichende Belehrung über das Widerrufsrecht mitgeteilt worden ist. Die Widerrufsbelehrung muss, wenn sie nicht exakt einem gesetzlichen Muster gem. der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV entspricht, den Anforderungen genügen, die das Gesetz an verschiedenen Stellen formuliert. Allgemein erfordert der Schutz des Verbrauchers eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutige Belehrung.
Meist fehlt es in den Drückerfällen an jeglicher Belehrung. Doch selbst wenn eine Belehrung erfolgte, ist diese oft nicht ausreichend.
Der Bundesgerichtshof hat (Urteil vom 12. April 2007 – VII ZR 122/06) entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung, die den Verbraucher lediglich über dessen Pflichten im Falle des Widerrufs, nicht jedoch über dessen wesentliche Rechte informiert, nicht den Anforderungen des Gesetzes genügt.
Der BGH hat im konkreten Fall die Widerrufsbelehrung "Widerrufsbelehrung: Sie können Ihre Bestellung innerhalb von zwei Wochen ab Aushändigung dieser Belehrung ohne Begründung in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der bestellten Gegenstände gegenüber der Fa. XXXXX, XXXXStraße XX, XXXXXXXXstadt widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Im Falle des Widerrufs müssen Sie die erhaltene Sache zurück- und gezogene Nutzungen herausgeben. Ferner haben Sie Wertersatz zu leisten, soweit die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, Sie den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet haben oder die erhaltene Sache sich verschlechtert hat oder untergegangen ist. Die durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung bleibt außer Betracht." als nicht ausreichend erachtet.
Der BGH hat nicht entschieden, ob die Frist von zwei Wochen schon dann beginnt, wenn das bindende Angebot abgegeben worden ist, oder erst dann, wenn der Vertrag durch Annahme des Angebots seitens des Unternehmers geschlossen worden ist. Darauf kam es auch nicht an, da eine Frist überhaupt nicht beginnen konnte. Denn die Widerrufsbelehrung entsprach nach Auffassung des BGH nicht den Anforderungen des Gesetzes. Sie informierte nicht über die wesentlichen Rechte des Verbrauchers, die sich daraus ergeben, dass nach dem Widerruf das gesetzliche Rücktrittsrecht anwendbar ist. Dazu gehört beispielsweise das Recht des Verbrauchers, vom Unternehmer geleistete Zahlungen und auch Zinsen zu verlangen und die grundsätzliche Kostentragungspflicht des Unternehmers.
Daher sollte es in vielen Fällen – zumindest mit anwaltlicher Hilfe – kein Problem sein, auch wenn die Widerrufsfrist verstrichen ist, aus diesen Drücker-Abonnements wieder herauszukommen.
Eine Rechtsschutzversicherung kann die Prozessrisiken abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf nicht unerheblichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.

© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2011